• Zur Ruhe kommen

    Entspannung finden und loslassen

    Kreativ den eigenen Weg gehen

    Die innere Stimmenvielfalt sortieren und das wirklich Wichtige herausfiltern

  • Klangmassagen

    Bei einer Klangmassage werden Klangschalen auf den bekleideten Körper aufgesetzt und angeschlagen bzw. angerieben oder direkt über den Körper gehalten, ohne ihn zu berühren. Auf diese Weise überträgt sich der Schall des erzeugten Tons auf den Körper. Dies wird als Vibration im Körper wahrgenommen. (Wikipedia)

  • Klangmeditation

    Liegend oder sitzend entspannen und loslassen - die Klänge von Planetenschalen und anderen Instrumenten geniessen, sich von einer Geschichte oder Gedankenübung abholen und entführen lassen, vom Lärm und der Unruhe des Tages abschalten, einfach durchatmen, bei sich sein.

  • Malen und Schreiben

    Auf großformatigem Papier entstehen Seelenlandschaften oder gegenständliche Arbeiten. Dazu formulieren wir persönliche Kraftsätze.

    Nach einer Meditation als Einstieg fliesst eine Geschichte aus Deiner Feder, die von Dir schon immer erzählt werden wollte – ich schaffe den Rahmen für Deinen kreativen Schöpfungsprozess und gebe Dir dabei Unterstützung.

Meine Märchen - Der Uhrmacher

Der Uhrmacher – Ein Märchen von November 2015


E s war einmal eine Schauspielerin, die allein in einer großen alten Jugendstilvilla lebte. Sie saß dort oft in einem thronähnlichen Sessel und schaute auf einen ruhigen Fluss, der sich durch eine sandige, wüstenähnliche Landschaft wand. Sie dachte, irgendwann muss dieser Fluss diese Gegend doch wieder fruchtbar machen.

D ie Frau selbst hatte die Wüste hinter sich gelassen, sie hatte die Einsamkeit überwunden und lebte jetzt gerne allein. Ihr sicherer Instinkt, ihre Lebenskraft und Ausdauer hatten sie hier an diesen Platz geführt. Früher liebte sie es, schnell zu sein. Das Motto der Frauen ihrer Familie war schon immer „Tummel Dich!“. Das hatte sie schon mit der Muttermilch aufgesogen und von klein auf verinnerlicht. Nichts blieb unoptimiert, alles ging ihr flott von der Hand, oft machte sie mehrere Dinge gleichzeitig. „Eigentlich bin ich eine Jongleurin“, dachte sie oft. „Ich halte so viele Bälle gleichzeitig in der Luft.“ Erst sehr viel später fand sie heraus, dass sie mit ihrer eigenen Lebenszeit jonglierte. Das war der schmerzliche Punkt, als sie sich schließlich für das alte Haus an diesem ruhigen Fluss entschied, oder das Haus sie fand? Von Letzterem war sie fest überzeugt, dass es so und nicht anders gewesen war.

S ie erinnerte sich noch genau an den Moment, wo sie dieses Haus das erste Mal sah. Zufällig. Auf einem langen Spaziergang mit ihrem Hund, ganz in Gedanken versunken, nur ab und zu ein Stöckchen werfend, war sie schon seit anderthalb Stunden in dieser unbekannten Gegend unterwegs. Ihr fiel sofort auf, wie ruhig es hier war. Kein Motorenlärm, keine Kondenzstreifen am Himmel, dafür leises Vogelgezwitscher und das Huschen von Mäuschen im Herbstlaub um sie herum.

A ls sie um eine Wegbiegung kam, stand es einfach so da. Erhaben, ja majestätisch hob es sich vom Hintergrund ab. Sie fühlte sich angezogen, ihre Schritte beschleunigten sich von selbst. Ihr Hund lief bestimmt hundert Meter vor ihr. Er bog in das Grundstück ein und war im nächsten Augenblick hinter dem Tor verschwunden. „Oh weh, nicht aufgepasst“, schalt sie sich und machte sich auf die Suche nach ihrem Hund. Der strolchte im Park herum, wälzte sich dann in einem der riesigen Laubbergen und kam ihr schließlich Schwanz-wedelnd entgegen. Sie wollte ihn anleinen und wieder durch das offene Tor das Grundstück verlassen, doch liess er sich nicht anleinen, sondern machte Anzeichen, ihr etwas zeigen zu wollen. Sie ging ihm hinterher auf das Haus zu. Von Nahem betrachtet hatte es von seiner Erhabenheit eingebüßt, strahlte aber weiterhin eine angenehme Geborgenheit aus.

D a trat ein junger Mann aus dem Haus, er hatte eine überaus goldene und jugendliche Erscheinung, und er bewegte sich so, als würde er elegant auf Zehenspitzen balancieren. „Das bilde ich mir ein. Jetzt spielt mir meine Fantasie aber einen bösen Streich.“ Er kam näher, strahlte sie förmlich an und hatte eine magische Anziehungskraft auf sie. So ein offenes, ehrliches Lächeln, das den ganzen Körper erfasst hatte und überstrahlte, hatte sie noch nie gesehen. Sie war sofort von diesem jungen Mann eingenommen.

E r stellte sich vor und verbarg seine Freude darüber nicht, endlich mal wieder einen Menschen zu treffen. Er bat sie ins Haus und lud sie ein, es sich in aller Ruhe anzuschauen, während er einen Tee für sie beide zubereiten ging. Das Foyer war ja schon überwältigend gewesen mit den vielen Stuckarbeiten, der edlen Mahagonietreppe ins Obergeschoss, die aussah, als wäre sie aus einem einzigen Stück Holz gefertigt. Sie glänzte in der Morgensonne, die durch bunte Glasfenster in tausend Farben ins Haus fiel.

I hr zweiter Blick wurde von einer riesigen Standuhr gefangen genommen, die nicht aufgezogen zu sein schien. Zumindest machte sie so ihrem Namen alle Ehre. Das Ziffernblatt war überaus reich dekoriert und zeigte auf der Drei, Sechs, Neun und Zwölf je eine Lotusblüte, aus der kraftvoll und überreichlich Wasser überlief. „Ein Symbol für Freude und Lebensmut,“ sagte seine angenehme Stimme hinter ihr.

S ie nahmen im Erker auf Sitzkissen, sie üppig auf den tiefen Fensterbänken lagen, Platz. Auf dem kleinen Tischchen davor hatte er liebevoll wie für einen Fünf-Uhr-Tee eingedeckt. Jasmintee auf Basis eines weißen chinesischen Tees, dazu feine Scones mit Clotted Cream und feine Butterkekse wie die von Walker, die sie so liebte. Sie plauderten miteinander, es war erst nur ein seichter Smalltalk. Dann später erzählte er ihr, er sei Uhrmacher, doch die Standuhr unten im Foyer hatte ihn bisher verzweifeln lassen. Er kriegte sie nicht instand gesetzt, irgend etwas war eingeklemmt und ließ alles erstarren.

„Wie, alles erstarren?“, sie verstand nicht, was er meinen könnte. Da sagte er ihr, er versuche dieses Problem schon seit mehr als zweihundert Jahren zu lösen. Solange die Uhr nicht wieder liefe und mindestens vierzehn Tage lang zu Mittag und Mitternacht geschlagen habe, solange könne er das Haus nicht verlassen und könne auch nicht älter werden. Vielmehr würde er wie ein alter, weiser, chinesischer Drache immer goldener und leichter, irgend wann wäre er dann gar nicht mehr da und hätte noch nie gelebt und nie geliebt.

W ar das krass! So ganz anders als ihre bisherigen Erfahrungen. Sie war durch ihren Beruf viel unterwegs, vielleicht zu viel. Und als Schauspielerin, als erfolgreiche Schauspielerin, hatte es ihr auch nie an Genuss, an genussvollem Ausleben von Erotik und Sexualität gemangelt. Und hier ihr Gegenüber: Für immer jung, für immer schön, für immer was? Nein, nicht für immer, aber für wie lange noch?

D iese Konfrontation verstörte sie, sie wollte gar nicht glauben, dass dieser wunderbare Mensch hier drängender als andere den Wunsch verspürte, das Leben und zugleich dessen Ende in Angriff zu nehmen. Aber hatte sie das in den letzten dreißig Jahren nicht genauso getan, nur, ohne es gewusst zu haben oder ohne überhaupt die Wahl gehabt zu haben?

S ie kramte aus Verlegenheit in ihrer Tasche, doch sie fand nicht viel mehr als ihr Zugticket, das sie daran erinnerte, dass sie für morgen eine Fahrt nach Ägypten vor sich hatte. „Kommen Sie mit, ich kenne da jemanden, der Ihnen helfen könnte.“

„Nur wenn die Uhr wieder läuft, kann ich dieses Gebäude und dieses Gelände verlassen...…. Es sei denn, Sie würden mich an die Hand nehmen und nicht wieder loslassen. Würden Sie das auf sich nehmen?“

S chon ein paar Tage später trafen sie in Ägypten ein. Es war, als wären sie auf einem anderen Planeten gelandet. Alles so umtriebig, laut und leider auch sehr schmutzig. Sie führte den Uhrmacher zu einem kleinen Haus in der Nähe des Basars, an dessen Tür sich zwei sich kreuzende Stäbe mit Phönixköpfen befanden. Ohne dass sie anklopften, öffnete sich die Tür und ein kleines Mädchen erschien. Es ergriff wortlos die Hand des jungen Mannes und geleitete sie beide in einen wunderschönen Innenhof. In einem klaren Wasserbecken plätscherte ein niedriger Springbrunnen, die Luft war süß von Blütendüften und erfüllt von Vogelgesang.

W ie in einem Ringelreihen gingen sie an den Händen gefasst hinter einander her zu einer kleinen Laube am Ende des Gartens. Dort nickte ihnen eine alte Frau zu: „Herausforderungen können am besten auf spielerisch-sportliche Art gemeistert werden“, sagte sie eher zu sich selbst als zu den beiden Besuchern.

„Welchen Glaubenssatz möchte jeder von Euch aufgeben?“, fragte sie, nachdem sie sie gefühlt stundenlang schweigend angeschaut hatte.

„Sei perfekt! ……. Beeil Dich!“, kam es zeitgleich und ohne weiteres Nachdenken aus ihrer beider Münder.

A n diese Begebenheit dachte sie, als sie wieder in ihrem thronähnlichen Sessel saß und auf den ruhigen Fluss schaute, der sich durch eine sandige, wüstenähnliche Landschaft wand. Denn ihr Blick war auf eine junge Frau gefallen, die hinter einem Hund ihr Anwesen betreten hatte. Sie hörte die Uhr unten im Foyer zu Mittag schlagen.